Döbelner Anzeiger – Bildung als Schlüssel gegen den Hass

Montag, 3. Dezember 2012

 

Von Dagmar Doms-Berger

 

Rechtsextreme Meinungen sind allgegenwärtig. Professor Brähler von der Uni Leipzig stellt alarmierende Ergebnisse vor.

 

Rechtsextreme Einstellungen sind deutschlandweit auf dem Vormarsch. Das zeigt eine Studie der Universität Leipzig im Auftrag der SPD-nahen Friedrich-Ebert-Stiftung unter dem Titel „Die Mitte im Umbruch – Rechtsextreme Einstellungen in Deutschland 2012″, die im November erstmals in Berlin präsentiert wurde. Am Sonnabend stellte der Leiter der Studie, Professor Elmar Brähler, dem Publikum des Ost-West-Forums Gut Gödelitz die Ergebnisse vor und zeigt Handlungsoptionen auf.

Während sich Untersuchungsausschüsse, Polizei und Staatsanwaltschaften mit der Aufklärung der rassistisch motivierten Mordserie des „Nationalsozialistischen Untergrunds” beschäftigen, wird wenig beachtet, dass Ausländerfeindlichkeit die Einstiegsdroge für den Rechtsextremismus bildet. „Die Abwertung des Anderen beginnt unspektakulär und schleichend”, so Brähler. Rechtsextremismus auf der Einstellungsebene sei nicht mehr nur in „linken” oder „rechten” politischen Gruppen zu suchen. Rechtsextreme Haltungen seien in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Die Studie zeigt: Neun Prozent aller Deutschen haben ein „geschlossenes rechtsextremes Weltbild”, vor zwei Jahren waren es noch 8,2 Prozent. Das sei alarmierend, so Brähler. Im Rahmen der Studie wurden rund 2 500 Teilnehmer (rund 2000 aus dem Westen und knapp 500 aus dem Osten) zu sechs verschiedenen Merkmalen rechtsextremer Gesinnung befragt. Besonders auffällig ist, dass sich der Osten weiter radikalisiert. Knapp 16 Prozent der Menschen in den neuen Ländern haben der Studie zufolge ein „geschlossenes rechtsextremes Weltbild”. Besonders deutlich ist der Unterschied in punkto Ausländerfeindlichkeit. Tendenz steigend. Bei der Erhebung vor zwei Jahren lag dieser Wert noch bei 10,5 Prozent.

 

Kein ostdeutsches Problem

 

Die Wissenschaftler der Studie um Elmar Brähler warnen aber davor, den Rechtsextremismus als ostdeutsches Problem abzuwälzen. Für die Entstehung des rechtsextremen Gedankenguts scheinen die sozioökonomischen Strukturmerkmale der Bundesländer entscheidend zu sein, so Brähler. Paradox: Ausländerfeindlichkeit tritt vor allem dort zutage, wo es wenig Migranten gibt.

Die Studie macht vor allem deutlich, wie hoch der Einfluss von Bildung auf die Verbreitung von rechtsextremen Einstellungen ist. „Die Zustimmungswerte der Befragten ohne Abitur zu den einzelnen Dimensionen sind durchgehend mehr als doppelt so hoch wie bei der Gruppe, die mindestens den Bildungsabschluss Abitur hat”, erläutert Brähler. Die Ergebnisse zeigen, wie wichtig Information und Sensibilisierung sowie der Kampf gegen Ausgrenzung bleiben. Neue Formen zivilgesellschaftlichen Engagements sowie schulischer und außerschulischer Vermittlung sind gefragt. Denn Rechtsextreme sind dort stark, wo ihre Gegner schwach sind. Es sei wichtig, so die Wissenschaftlicher, dass noch stärker im Unterricht Nationalsozialismus und Antisemitismus sowie Ausländerfeindlichkeit und Rassismus behandelt werden. Es komme darauf an, Schule als sozialen Raum zu gestalten. Hindernis ist die mangelnde Personalausstattung vieler Schulen. „Die dringlichste Aufgabe aller Entscheidungsträger und Bürger ist, extremem Gedankengut gegenüber eine klare Haltung einzunehmen”, fasst Brähler zusammen.