Von Dirk Wurzel
Gödelitz. Gelungener Start ins Veranstaltungsjahr 2013: Barbara Thalheims Auftritt lockte am Sonnabend so viele Gäste auf Gut Gödelitz, dass die Gastgeber zusätzlich Stühle heranschaffen mussten.
Heitere Geschichten – melancholische Lieder, das nahmen die Besucher der musikalischen Lesung mit. Diese wollte Barbara Thalheim eigentlich wegen einer Erkältung absagen, deren Symptome den Gödelitz-Gästen nicht verborgen blieben. Ab und an griff die Künstlerin zum Taschentuch. Das waren jedoch die einzigen Nebenwirkungen des Infektes, denn das Programm – eine Mischung aus traurig-nachdenklichen Songs, pointierten Geschichten und blitzgescheiten Gedichten – war famos.
Ost-West-Forum, der Name der Veranstaltungsreihe spiegelt sich bereits klar in Barbara Thalheims Biografie wider. “Sie war Kommunistin und hielt die DDR für den besseren Teil Deutschlands.” So stellte Gastgeber Axel Schmidt-Gödelitz die Liedermacherin vor. “Sie erkannte die hohlen Phrasen der SED und flocht das in ihre Liedtexte ein, weshalb sie aus der SED ausgeschlossen wurde.” Nach der Wende betrieb Barbara Thalheim zum Beispiel solche Gemeinschaftsprojekte, wie eine Tournee mit der Ost-Rockgruppe “Pankow”. Aus dieser Zeit Anfang, Mitte der 80er Jahre stammt ihre Andekdote über das “finanzamtgerechte Lügen”, eine der heiteren Geschichten des Abends. Auf den Bewirtungsquittungen – die sind nach bundesrepublikanischem Steuerrecht abzugsfähig, wie jeder kleine und große Unternehmer seit 1990 weiß – notierte sie die Namen bekannter Politiker als bewirtete Personen. Dem Finanzamt passte das naturgemäß nicht, unterstellte Steuerbetrug und Barbara Thalheim fragte ihre Steuerberaterin, was denn der Unterschied sei, ob sie sinngemäß Max Mütze oder Leonid Breshnew auf den Zettel schriebe, gelogen könnte ja beides sein. Max Mütze wäre die “finanzamtsgerecht” gelogen, lautete die Antwort. Das Wendethema spielte eine große Rolle im Programm der Berlinerin. Etwa, wenn sie sich in dem Stück über drei Biografien dem Thema des Rechtsextremismus Ende der 90er Jahre widmete und diesen aus der DDR-Sozialisation vieler Angehöriger der ersten Neonazi-Generation in Fünfneuland herleitete.
“Das war berührend”, würdigte Hausherr Schmidt-Gödelitz die Darbietung nach einem intensiven Applaus. “Ich habe selbst fünf Jahre in der DDR gelebt. Aber mit einem Diplomatenpass sammelt man andere Erfahrungen”, sagte Axel Schmidt-Gödelitz. Dann gab er die Gäste bekannt, die Barbara Thalheim folgen. Bei Georg Milbradt (ehemaliger sächsischer Ministerpräsident) ging ein Murren durch die Menge. Prof. Milbradt wird am 9.Februar über das Thema “Spaltet der Euro” referieren. Dann kommt Markus Ulbig. Der sächsische CDU-Innenminister wird sich einige kritische Fragen zum Thema “Was tun wir gegen Rechtsextremismus” gefallen lassen müssen.