Döbelner Allgemeine Zeitung – Gödelitz: Milbradt nimmt Euro-Illusionen

 Montag, 11. Februar 2013

von Thomas Lieb

Wirtschaftsökonom und ehemaliger Ministerpräsident Sachsens, Prof. Georg Milbradt, referierte im Gut Gödelitz zur Krise des Euro.

Gödelitz. Europa wird es ohne Länderaustritte aus dem Euro nicht schaffen. Das brachte der ehemalige Ministerpräsident Sachsens, Prof. Georg Milbradt, am Sonnabend unmissverständlich auf den Punkt, als er im Ost-West-Forum auf Gut Gödelitz über die Euro(pa)-Krise referierte. Länder wie Griechenland müssten Möglichkeit erhalten, aus der Währung auszusteigen, ohne die EU verlassen zu müssen, so Milbradt weiter. Europa sei ein Kontinent der Unterschiede, nicht des Einheitsbreis. Der Euro sei keine Währung für 28 Länder. “Wir müssen erst klären, welches Europa wir wollen.”

Klare Worte eines Wirtschaftsökonoms, der manchen Zuhörern eines leidenschaftlich geführten Vortrages die Illusionen nahm. “Ich hatte bis heute daran geglaubt, dass wir es auch mit Griechenland schaffen können. Ich bin heute eines Besseren belehrt worden”, schloss Gastgeber Axel Schmidt-Gödelitz einen zweieinhalbstündigen Abriss zu – aus Sicht Milbradts – fragwürdiger Europapolitik und einer europäischen Idee, die beschädigt ist. Milbradt kann, was er als Politiker nicht immer konnte: Klartext reden. Frei von politischer Loyalität sagte er seine Meinung. Und man nahm sie ihm ab. Selten hat ein Referent in Gödelitz solches Lob erhalten, wie der Professor für Volkswirtschaft und Finanzwissenschaften. Der Euro sei sicher, sein Wert bei Fortsetzung der Politik, die sich mehr auf die Bankenrettung konzentriert, allerdings kaum. Es gehe nicht um den Euro, sondern um die Größe der Euro-Zone. “Wir brauchen ein Europa mit Ländern auf Augenhöhe. Der Kontinent ist nicht reich geworden durch seine Währung, sondern durch die Öffnung der Grenzen. Hauptproblem ist, dass eine Währungsunion mit Ländern gebildet wurde, die ökonomisch nicht zusammengehören.” Nicht Banker seien für die Euro-Krise verantwortlich, sondern die Politik selbst. “Merkels Therapie heißt Durchwursteln. Es werden Banken und Länder gerettet, um eine falsch zusammengesetzte Euro-Zone zu erhalten. Griechenland kommt nicht mehr auf einen grünen Zweig und muss Gelegenheit bekommen, sich außerhalb europäischer Zwänge zu konsolidieren. Irland hat das auch getan und zwar erfolgreich”, berichtete Georg Milbradt.

Hauptproblem der europäischen Bankenpolitik sei, dass “die Haftung keine Rolle” mehr spielt. Milbradt weiter: “Eine Marktwirtschaft ohne Haftung gibt es genauso wenig, wie eine Freiheit ohne Verantwortung.” CDU-Mitglied Milbradt – unter ihm als Finanzminister hat Sachsen der Einführung des Euro seinerzeit nicht zugestimmt – engagiert sich bei einer Bürgerinitiative gegen die Europolitik der Bundesregierung. Er gehörte zu den Erstunterzeichnern des 2012 gegründeten Bündnisses Bürgerwille, das sich gegen eine “ökonomisch falsche und demokratisch nicht legitimierte” Rettungspolitik ausspricht.

Nächster Referent im Ost-West-Forum wird Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) sein, der am 9. März einen Vortrag zum Thema Rechtsradikalismus halten wird.