Was ist bloß mit den Jungen und Söhnen los? – Vortrag und Diskussion mit Astrid von Friesen

Veranstaltung am 8.3.2014

Alles wiederholt sich: In den 60er und 70er Jahren kämpften die West-Feministinnen dafür, dass Mädchen bessere Chancen in Schule und Ausbildung bekamen, dass genauso viele Mädchen wie Jungen Abitur und einen Hochschulabschluss machen konnten. Es war ein harter Kampf mit Mädchen-Programmen, Mädchen-Informationstagen, finanziert bis heute mit vielen Millionen Euro. Dieses Ziel haben wir nicht nur erreicht, sondern überreichlich erfüllt. Einerseits super, andererseits  leider auf Kosten der nächsten Opfer.

Es ist diese fatale deutsche Mentalität alles zu übertreiben. Mädchenförderung ist klasse, aber doch bitte nicht auf Kosten des anderen Geschlechts. Ich erlebe nun in meinem eigenen Leben als Erziehungswissenschaftlerin und Therapeutin zum zweiten Mal dieselbe Misere: Ein Geschlecht wird gefördert, das andere diskriminiert und in seinen Eigenheiten nicht wahrgenommen. Damit werden nicht nur viele Individuen geschädigt, sondern auch kostbare Geisteskraft, die Deutschland dringend benötigt, brach liegen gelassen. Es ist absurd, dass wir Deutschen dies innerhalb von vierzig Jahren wiederholen.

Und wo bleibt die Forschung? In der Frauenforschung waren wir in Westdeutschland reichlich spät dran, in Ostdeutschland hat sie gar nicht statt gefunden. Seitdem wird sie heftig und ideologisch verquast geführt. Bis heute baut sie Fronten auf, die die Normalbürger und -bürgerinnen längst hinter sich gelassen haben. In der Männerforschung laufen dagegen schon längst viele Projekte in anderen Ländern: Australien z.B. unterstützt die Initiative „Erfolg für Jungs“ mit fast 20 Millionen Dollar.  In Deutschland regt sich noch nicht einmal jemand heftig darüber auf, dass Jungen acht Mal häufiger Suizid begehen als Mädchen. Eine erstaunliche Gefühlsrohheit oder -taubheit ist zu verzeichnen, wenn es um die Emotionen des männlichen Geschlechts geht.

Jungen sind in Not: 25 % aller männlichen Schüler werden von den eigenen Eltern geschlagen und misshandelt und fast 5 % aller 15jährigen Jungen sind in rechtsextremen Gruppen organisiert. Eine alte, simple Weisheit: Gewalt durch Mütter und Väter fördert Gewalt und Nichtanpassung! Auch sind 3 % der Jungen von Computerspielen regelrecht süchtig bis zur Verwahrlosung. Was könnten sie auch draußen tun, so reiz- und bewegungslähmend, abenteuerfern, sinnleer und stupide die Welt für Kinder aussieht? Und wo sind die positiven Vorbilder, wenn Männer immer seltener vorhanden oder nicht präsent sind – weder in den Familien noch in den öffentlichen Erziehungsinstitutionen? Wie können Jungen ein positives Selbstbild bei den Millionen von alleinerziehenden Müttern entwickeln? Die Karikatur der „italienischen Mamma“, die ihre Söhne zu Paschas erziehen, lässt grüßen! Doch es geht nicht entweder um Mädchen oder um Jungen, es geht um alle unsere Kinder, die es zu fördern gilt.

Videodukumentation: Was ist bloß mit den Jungen und Söhnen los? – Vortrag und Diskussion mit Astrid von Friesen


 

zur Person:

FotovonFriesen14

Astrid v. Friesen wurde als Kind von Flüchtlingen und Vertriebenen aus Sachsen, aus der Lommatzscher Pflege, 1953 in Westdeutschland geboren. Sie studierte Erziehungswissenschaft, Psychologie und Soziologie in Hamburg und beendete das Studium als Dipl.-Pädagogin und Lehrerin für Deutsch und Kunst mit dem ersten und zweiten Staatsexamen. Ausbildungen zur Journalistin sowie zur Gestalt- und Trauma-Therapeutin schlossen sich an.Ihre Praxen befinden sich in Freiberg und Dresden. Sie unterrichtet außerdem an der TU Bergakademie Freiberg sowie seit einigen Jahre  an der Hochschule für Bildende Künste Dresden. Sie leitet Seminare, hält Vorträge und macht Weiterbildungen u.a. an der Akademie für Lehrerfortbildung in Meißen, schreibt für Zeitungen und kommentiert sowohl im MDR-Figaro als auch im Deutschlandradio sozialpolitische und psychologische Themen.

Als Vorstandsmitglied im OWF organisiert sie seit acht Jahren das Ost-West-Frauen-Mal-Seminar auf Gut Gödelitz.

Bücher von Astrid von Friesen, die noch auf dem Markt sind:• „Der lange Abschied. Psychische Spätfolgen  für die 2. Generation deutscher Vertriebener“, Psychosozial-Verlag Gießen 2000

• „Schuld sind immer die anderen! Die Nachwehen des Feminismus: frustrierte Frauen und schweigende Männer“, Ellert & Richter-Verlag Hamburg, Mai 2006

• „Ein Erziehungsalphabet: Von A bis Z – 80 pädagogische Begriffe“, E-Book, Amazon/Kindl