Zeit und Ort: Sonnabend, den 07. Oktober 2017, Gut Gödelitz, Alte Schäferei /18.00 Uhr
Adam Krzeminski: Autor und Publizist, Redakteur der polnischen Tageszeitung Polityka
Dr. Gunter Hofmann: Autor und Journalist; Redakteur a.D. der Wochenzeitschift DIE ZEIT
Wer Berichte des Auswärtigen Amtes über unser Verhältnis zum Nachbarland Polen liest, kann sich beruhigt zurücklehnen: Insgesamt sei alles in bester Ordnung. Die politischen Beziehungen seien geprägt von „übereinstimmenden Interessen in vielen Bereichen, die vertrauensvolle Partnerschaft in EU und NATO geben dafür ein solides Fundament“. Ähnliches wird über die wirtschaftlichen und kulturellen Beziehungen zwischen den beiden Nachbarländern festgestellt.
Die Medien liefern seit geraumer Zeit ein anderes Bild. Keine Rede von vertrauensvoller Partnerschaft. Weder mit Deutschland, noch mit der Europäischen Union. Dort ist Polen eher das Land, das europäische Werte verletzt, indem es die Richterliche Unabhängigkeit infrage stellt, die Pressefreiheit einschränkt und dem Bildungswesen ein nationalistisches Geschichtsbild aufzwingt. Wo immer es möglich ist, werden Posten und ganze Arbeitsfelder rücksichtslos mit Anhängern der national konservativen PiS-Partei besetzt. Die in sich uneinige und deshalb schwache Opposition wird überrollt, die Massen-Proteste der Bevölkerung beeindrucken die PiS kaum. Das Land ist tief gespalten.
Brüssel ist irritiert, fordert die polnische Regierung auf, Demokratie und Rechtsstaat zu achten, fordert europäische Solidarität in der Flüchtlingsfrage, droht mit Konsequenzen, die aber so gut wie keine Beachtung finden. Bestrafungen erfordern Einstimmigkeit. Die polnische Regierung kann sich auf Ungarn verlassen.
Scheitert Europa an einer zunehmenden Re-Nationalisierung? Was sind deren Ursachen? Was haben die Europäische Kommission, der Rat oder das Europäische Parlament in der Vergangenheit falsch gemacht? Sind wichtige Interessen, Gefühlslagen oder nationale Besonderheiten nicht genügend beachtet und berücksichtigt worden? Welches Europa will die polnische Regierung?
Wir freuen uns erneut, Herrn Krzeminski und Herrn Dr. Hofmann auf Gut Gödelitz begrüßen zu dürfen.
Zum Vortrag und dem anschließenden Gespräch laden wir Sie herzlich ein.
Mit freundlichen Grüßen
Axel Schmidt-Gödelitz
Vorsitzender
Zu den Personen:
Adam Krzeminski geboren 1945 in Radecznica in Westgalizien, ist seit 1973 Redakteur der Zeitschrift Polityka. Er gilt als einer der führenden Publizisten Polens. Krzeminski ist außerdem Vorsitzender der Polnisch-Deutschen Gesellschaft in Warschau. Der auch in Deutschland bekannte Publizist aus Warschau ist Experte für deutsch-polnische Beziehungen. Adam Krzeminski hat in Warschau und Leipzig studiert. Dem deutschen Publikum ist er durch Vorträge, zahlreiche Veröffentlichungen und als gelegentlicher Redakteur der Wochenzeitschrift DIE ZEIT bekannt. Darüber hinaus ist er oft gehörter Experte für deutsch-polnische Beziehungen in Nachrichten- und Featuresendungen der ARD. Auch beim Deutsch-Polnischen Magazin “Dialog” und bei der Polnisch-Deutschen Gesellschaft in Warschau ist er aktiv beteiligt. Er veröffentlichte u.a. 1993 „Polen im 20. Jahrhundert. Ein historischer Essay; 2001 „Deutsch-Polnische Verspiegelung. Essays“; 2007 gemeinsam mit Gunter Hofmann „Schuld & Sühne und Stolz & Vorurteil – Polen und Deutsche“. Adam Krzeminski erhielt u.a. die Goethe Medaille für seine Verdienste um die deutsch-polnische Verständigung und das Große Bundesverdienstkreuz.
Gunter Hofmann, geboren 1942, hat Politikwissenschaft, Soziologie und Philosophie in Frankfurt/Main und Heidelberg studiert. Nach seiner Promotion arbeitete er sieben Jahre als Korrespondent für die STUTTGARTER ZEITUNG in Bonn. 1977 wechselte er in das Bonner Büro der Wochenzeitung DIE ZEIT. Später wurde er deren Chef-Korrespondent in Berlin. Für sein Buch „Abschiede, Anfänge – Die Bundesrepublik, eine Anatomie“ erhielt er 2002 den Preis der Friedrich-Ebert-Stiftung für das beste politische Buch des Jahres. Gemeinsam mit Ulrike Brincker veröffentlichte Hofmann 2007 den Film Mister Bundesrepublik zum 80. Geburtstag des früheren Außenministers Hans-Dietrich Genscher. Mit dem ZDF-Journalisten Ruprecht Eser und Regisseur Marvin Enholt schuf er den Film Helmut Schmidt: Der deutsche Kanzler (2008). Zum 90. Geburtstag von Richard von Weizsäcker legte er 2010 eine Biografie vor.