02. Dezember 2017, 18:00 Uhr, Gut Gödelitz, Alte Schäferei
Lesung und Gespräch mit Julia Friedrichs Journalistin und Autorin
Sehr geehrte Damen und Herren,
Die Autorin Julia Friedrichs hat mit ihrem 2015 erschienen Buch: Wir Erben – was Geld aus Menschen macht – in ein Wespennest gestoßen. Wie das gewaltige Vermögen, das die Nachkriegsgeneration, die Deutschland nach dem Krieg wiederaufgebaut hat, vererbt werden soll – darüber tobt hinter den Kulissen des politischen Berlins eine Lobbyschlacht, die mit aller Härte geführt wird. Dass es dabei nicht um Omas Häuschen geht, dies aber in der breiten Öffentlichkeit so ankommt, ist vermutlich eine Ursache für das Schweigen fast aller politischen Parteien, wenn es um das Thema Erben und Erbschaftssteuer geht. Es wird fast wie ein Tabu behandelt.
Es geht um 250 Milliarden Euro, die jährlich vererbt werden – so die Schätzung des Instituts für Altersvorsorge. Andere Institute liegen darunter, wieder andere wesentlich höher. Wie auch immer: Jahr für Jahr wird ein riesiges Vermögen vererbt. Der allergrößte Teil wird von Westdeutschen an ihre Erben weitergegeben.
Die Bundesbank schätzt, dass die Deutschen im Jahr 2011 gut 7 Billionen Euro besaßen in Geld, Immobilien und Aktien. Rein rechnerisch wären das 90 000 Euro für jeden Deutschen.
Die Wirklichkeit aber sieht anders aus: Die ärmere Hälfte der Bevölkerung besitzt zusammen 1% des Vermögens, die reichere Hälfte satte 99%. Oder auch anders: 10 % der Bevölkerung besitzt zwischen 50 und 60% des gesamten Vermögens. Je nach Rechenmodell.
Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung geht davon aus, dass die Vermögensungleichheit in Deutschland größer ist, als in den meisten anderen Ländern der Welt. Innerhalb der Eurozone ist Deutschland der unrühmliche Spitzenreiter, unter den OECD-Ländern ist die Kluft wohl nur in zwei Ländern tiefer: In den USA und in der Schweiz.
Sind wir eine Erbengesellschaft geworden, in der ein wachsender Teil des Wohlstands weder nach den Leistungsidealen der Marktwirtschaft, noch nach den Gerechtigkeitsidealen des Sozialstaates verteilt wird? Nehmen wir damit nicht einer ganzen Generation reicher Erben die Kraft und die Motivation, Neues aufzubauen, sich erneut, wie ihre Eltern, anzustrengen? Zerstören solche Riesenvermögen nicht ganze Familien und lassen Anwaltskanzleien reich werden? Schaffen sich reiche Familien nicht mehr und mehr ihre eigenen Kindergärten, Schulen und Universitäten, weil die staatlichen Bildungsinstitute unterfinanziert sind? Spaltet sich die Gesellschaft auf diese Weise nicht noch einmal? Haben die reichen 10% der Bevölkerung nicht doch einen sehr viel größeren Einfluss auf die Gesetzgebung, als die ärmere Mehrheit – so, wie dies im Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung in seiner ursprünglichen Fassung dargelegt wurde?
Ist also eine solche Ballung von Reichtum in den Händen weniger Privatleute für die Demokratie, für den sozialen, demokratischen Rechtsstaat, noch zumutbar?
Oder ist das alles nur – oder auch – eine Neiddebatte der weniger Tüchtigen? Ist es nicht ein Urtrieb des Menschen, seinen Kindern etwas weiterzugeben, etwas, was das eigene Leben überdauern soll?
Lassen Sie uns darüber mit der Autorin Julia Friedrichs sprechen.
Im Vorprogramm wird die 42. Kunstausstellung des ost-west forums „Auf der Suche nach Schönheit“ mit Arbeiten der Leipziger Malerin Tatjana Meier eröffnet.