Benefizveranstaltung mit Friedrich-Wilhelm Junge

Veranstaltung am 20.6.2011

Friedrich-Wilhelm Junge, Schauspieler und Gründer des Theaters “Dresdner Brettl” (Theaterkahn)

Es war ein Abend der Kultur, der Künste.
Im kurzen Vorprogramm ging es zunächst um Malerei. Eröffnet wurde eine neue Bilderausstellung mit Arbeiten der Malerin Helga Kellert-Leete.

Im Hauptprogramm erlebten wir dann den bekannten Dresdener Schauspieler und Kulturförderer Friedrich-Wilhelm Junge. Er kam nach Gödelitz mit einer Lesung aus dem Buch „Adressat unbekannt“ von Kressmann Taylor. Dabei wurde er von dem jungen Musiker Max Rothe begleitet.

Junge ist nicht nur ein hervorragender Schauspieler, sondern auch ein Meister der Sprache und des Sprechens. Bei der gegenwärtig um sich greifenden Sprachschluderei wird seine Sprach- und Sprechkultur für die Zuhörer und Zuschauer immer erneut zu einem Erlebnis.
Junge und Rothe treten in Gödelitz kostenlos auf. Dieser Abend war eine Benefizveranstaltung für unseren Bürgerverein. Dafür sind wir den beiden Künstlern sehr dankbar.

Bei „Adressat unbekannt“ handelt es sich um einen Briefroman von Kressmann Taylor, erstmals 1938 in einer New Yorker Zeitschrift erschienen.
Der verhältnismäßig kurze Text handelt von der schleichenden, aber dramatischen Beendigung der Freundschaft zweier deutsch-amerikanischer Geschäftsleute in den ersten Jahren des Dritten Reiches.
Die ehemaligen Geschäftspartner und Freunde hatten einst in den USA
gemeinsam eine Kunstgalerie geführt. Der Jude Max Eisenstein ist in San Francisco geblieben, Martin Schulze ist nach München zurückgekehrt. In ihrem fiktiven Briefwechsel aus den Jahren 1932 bis 1934 wird sichtbar, wie sich Schulze immer mehr verändert, sich zu einem fanatischen Nazi wandelt, schließlich die Ermordung der in Berlin lebenden Schwester von Eisenstein billigend mit verschuldet.
Und der Leser erfährt, wie sich Max Eisenstein an Martin Schulze rächt…

Dieser kleine, einfache, beeindruckende Roman ist eine einprägsame und beängstigende Geschichte von Anpassung und Fügsamkeit, von Mitläufertum und Verrat, von Verantwortung und Freundschaft. Er erzählt vom Verlust an Mitmenschlichkeit und Humanität.

So passte diese Lesung auch gut zum Rückblick auf die Aufarbeitung der Nazivergangenheit nach 1945 in Westdeutschland, vorgestellt durch den Leiter der Zentralen Stelle in Ludwigsburg in unserer Veranstaltung am 9. April in Gödelitz April – und ebenso als Nachtrag zu unserer vorigen Ausstellung „Die Bibel als eine Quelle der Humanität“ mit den Warnbildern von Manfred Eckelt vor Gier, Hass, Gewalt, Menschenverachtung.

 


 

Zur Person Friedrich Wilhelm Junge:

– 1938 in Schwerin geboren

– 1957-1960 Studium an der Theaterhochschule Leipzig

– 1960-1962 Engagement am Theater in Rudolstadt

– 1962-1966 am Theater Plauen im Vogtland

– 1966-1985 am Staatsschauspiel in Dresden

– 1985-1987 Engagements an der Volksbühne Berlin

und am Bayrischen Staatsschauspiel München

– 1988 Gründung des „Dresdener Brettl“;

bis 2005 Künstlerischer Leiter dieses privaten Theaters (auf dem Theaterkahn),

zahlreiche Literatur-, Cabaret- und Chansonprogramme

– 1989 Gründungsmitglied des Sächsischen Kunstvereins

– 1990 Gründungspräsident des Rotary-Clubs Dresden

– 1996 Bundesverdienstkreuz

– 1997 Gründungsmitglied des Förderkreises zum Wiederaufbau der Dresdener Synagoge

– 1999 Kunstpreis der Stadt Dresden

– 2003 6. Radebeuler Kunstpreis

Mitglied der Sächsischen Akademie der Künste

Lebt in Radebeul bei Dresden
Rollen (Auswahl)

– Hamlet in Hamlet (Shakespeare)
– Don Carlos in Don Carlos (Schiller)
– Gyges in Gyges und sein Ring (Hebbel)
– Faust in Faust I (Goethe)
– Satanael in Adam und Eva (Hacks)
– Chlestakov in Der Revisor (Gogol)
– von Wehrhahn in Der Biberpelz (Hauptmann)
– Werschinin in Drei Schwestern (Tschechow)
– Dietrich von Bern in Die Nibelungen (Hebbel)
– Schigolch in Lulu (Wedekind)
– Er in Der Kontrabaß (Süßkind)
– Voland in Meister und Margarita (Bulgakow)
– Nero in Britannicus ( Racine)
– Dante in Francesca da Rimini (Rachmaninow)
– Haushofmeister in Ariadne auf Naxos (Strauss)
– Wieland in Die Braut (Film, BRD)
– Waste brauchst, das ist Liebe (Kändler-Collage)
– Ringelnatz-Programm (mit Detlef Rothe)
– Pilatus in Pontius Pilatus (nach Bulgakow)
– Der Tod in Die unlustige Witwe (Antrak)
– Die Fruchtfliege in Die Fruchtfliege (Antrack)
– Johnson in Halpern & Johnson (Lionel Goldstein)

 

Zur Person Max Rothe:

Junger Musiker, entstammt einer Künstlerfamilie, lebt und arbeitet in Dresden, studiert Musikwissenschaften, ist Gitarrist der Gruppe [ pi !].
Er hat die Musik zur Lesung „Adressat unbekannt“ selbst komponiert. Dabei handelt es sich um eine Symbiose aus digital erzeugten Klängen, Soundcollagen und organischen Medien, die er mittels Synthesizer, Computer und Gitarre umsetzt.
Max Rothe schreibt über dieses Projekt:

„Die Musik zum Stück ist direkt am Text entstanden. Ich habe versucht, den Text teils aufzulockern, teils die Worte zu untermauern, die Musik aber nirgendwo vordergründig oder wichtig werden zu lassen. Letztlich ist die Lektüre dieses beeindruckenden Textes für mich derart inspirierend gewesen, dass der kreative Schaffensprozess zur entstandenen Musik einerseits eine dankbare Aufgabe war, andererseits aber umso anspruchsvoller, der Kraft, der Emotionalität, dem Niveau und dem Anspruch des Textes musikalisch gerecht zu werden.”