Warum schweigen die Lämmer? Demokratie, Psychologie und Techniken des Meinungs- und Empörungsmanagements

Vortrag und Gespräch mit Prof. Dr. Rainer Mausfeld, Professor für Allgemeine Psychologie, Gut Gödelitz, 11.02.2017

In Davos, wo sich jährlich die Mächtigen dieser Welt treffen, wurde wieder einmal sorgenvoll auf die zunehmende Spaltung der Welt in Arm und Reich hingewiesen. Das sei nicht nur zwischen den Staaten der Welt so, sondern auch innerhalb der Staaten, einschließlich der reichen Industrienationen.
Wir wissen es seit Langem, die OECD rügt es öffentlich: Auch in der Bundesrepublik Deutschland nimmt die Ungleichheit der Einkommen und Vermögen zu. 10% der Bevölkerung besitzt offiziell 63,7% des Vermögens – das ist das, was die Steuer- behörden dem Statistischen Bundesamt melden. Das ist nicht nur problematisch für den Binnenmarkt, dem große Geldmengen entzogen werden. Weil diese zu großen Teilen im spekulativen Bereich der Finanzmärkte landen, sagen uns viele Experten die nächste Krise bereits voraus. Darüber hinaus be-deutet die Konzentration von Geld und Vermögen in den Händen Weniger auch Macht und Einfluss auf die Politik.

Sind wir noch eine Demokratie, wo jede Stimme gleich zählen sollte? Wenn dies so ist, warum besitzen dann 40% der Bevölker- ung gar kein Vermögen oder haben noch Schulden? Warum sind 15% arm und immer mehr Menschen fürchten sich vor Alters- armut? Sind das alles gefälschte, von interessierter Seite lancierte Statistiken?

Sollten die Zahlen aber korrekt sein – und Vieles spricht dafür: Warum ändert das unsere demokratisch gewählte und legitimierte Regierung nicht? Oder hat sich die, von den Vätern und Müttern unseres Grundgesetzes konzipierte Demokratie mittlerweile in eine Oligarchie verwandelt – in die Herrschaft der Wenigen?

Aufschluss sollte der neue Armuts- und Reichtumsbericht geben, den das federführende Arbeitsministerium dieses Mal mit dem speziellen Auftrag versehen hatte, Fragen von gesellschaftlicher Macht durch Reichtum zu untersuchen. Den Auftrag erhielt ein Forscherteam aus Osnabrück.

Was die Wissenschaftler herausfanden, ist Sprengstoff für die Demokratie: Je schwächer die Einkommen, desto weniger beteiligen sich die Menschen an der Politik. Sie verzichten auf Wahlen. Das wiederum schlägt sich in politischen Entscheidungen nieder, bei denen die Interessen dieser Schicht der Bevölkerung kaum noch berücksichtig werden. Deshalb wenden sich noch mehr von der Politik ab – oder verstärken die politischen Rechte.

Reiche hingegen haben auf Politik und Gesetzgebung einen sehr viel größeren Einfluss. Mit ihren Lobbyorganisationen, Stiftungen, Think Tanks, eingespielten persönlichen Kontakten, und finanziellen Zuwendungen an Parteien und Abgeordnete beeinflussen sie Gesetze und andere politischen Entscheidungen ganz wesentlich zu ihren Gunsten.

Eine ähnliche Studie aus den USA hatte 2008 für erhebliche Diskussionen gesorgt. Das wollte wohl die Bundesregierung vermeiden und strich kurzer Hand alle Passagen einfach aus dem Bericht, die den Einfluss der Reichen wissenschaftlich darlegten. Natürlich wurde das öffentlich? Wo bleibt die Empörung? Warum gehen die Menschen nicht auf die Straße? Warum fordern die Medien die für die Zensur verantwortlichen Minister nicht zum Rücktritt auf? Woher kommt diese Lethargie?

Professor Dr. Rainer Mausfeld, dessen Vortrag „Warum schweigen die Lämmer?“ große Beachtung fand, wird darauf eingehen und seine Forschungsergebnisse über den Zustand unserer Demokratie darlegen. Wir freuen uns, Professor Mausfeld als Gast des ost-west-forums auf Gut Gödelitz begrüßen zu dürfen. Zum Vortrag und dem anschließenden Gespräch möchten wir Sie herzlich einladen. Mit freundlichen Grüßen Axel Schmidt-Gödelitz Vorsitzender des Vorstands

Zur Person: Rainer Mausfeld
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Privatfoto

 Geboren 1949 in Iserlohn. 1969 – 1979 Studium der Psychologie, Mathematik und Philosophie an der Universität in Bonn sowie der Mathematischen Psychologie an der Universität Nijmegen, Niederlande. Von 1979 bis 1981 war er Referent am Institut für Test-und Begabtenforschung der Studienstiftung des deutschen Volkes in Bonn. An der dortigen Universität promovierte er 1984. Drei Jahre später wurde er Visiting Research Professor an der University of California at Irvine. 1990 folgte die Habilitation an der Universität Bonn. 1992-1993 wurde Mausfeld Professor für Allgemeine Psychologie an der Universität Mannheim, ein Jahr später wurde er an die Universität Kiel berufen. 1995 – 1996 Leiter einer internationalen Forschungsgruppe am Zentrum für interdisziplinäre Forschung (ZiF) in Bielefeld. 2004 wurde er zum Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina gewählt. Die zahlreichen Veröffentlichungen von Professor Mausfeld sind im Internet einsehbar.