Er schildert am Beispiel seines Vaters die Brutalität und Verlogenheit des NS-Systems, die Gefühlskälte und ideologische Borniertheit seiner Führungsschicht, das kriecherische Verhalten gegenüber dem „Führer“, die Intrigen, die grassierende Korruption. Am Ende, angesichts von Leichenbergen und Trümmern, die völlige Uneinsichtigkeit in eigene Schuld. Der Sohn, im Nachkriegsdeutschland von Werten des sozialen, demokratischen Rechtsstaats geprägt, kriecht in den Vater hinein, leidet, hofft inständig und vergeblich auf das erlösende: Ich bin schuldig. Schließlich sitzt er in seiner Phantasie zwischen den Nürnberger Richtern, um den eigenen Vater mit einer fast schmerzenden Lust zum Tod durch den Strang zu verurteilen.
Hass, Hohn und Spott sowie erschreckende Folterphantasien durchziehen das Buch, aber auch die Sehnsucht nach Eltern, denen der Sohn Achtung und Liebe entgegenbringen kann.
zur Person:
Niklas Frank wurde 1939 als jüngstes Kind des Juristen Dr. Hans Frank und seiner Frau Brigitte in München geboren.
Im selben Jahr, nach dem deutschen Überfall auf Polen, wurde Dr. Hans Frank von Hitler zum obersten Chef der Zivilverwaltung im Generalgouvernement Polen ernannt.
Die Familie übersiedelt nach Polen, bezieht das Warschauer Schloss Belvedere, dann die historische Wawelburg in Krakau. Während sich das Land draußen in ein einziges großes Todeslager und schließlich zum größten Friedhof der europäischen Geschichte verwandelt, lebt die Familie Frank in einem für Kriegsverhältnisse unvorstellbaren Luxus.
Niklas Frank wächst mit seinen Geschwistern in einem kleinen, privaten Königreich auf, in dem alles da ist – nur die Liebe fehlt. Manchmal darf Niklas mit seiner Mutter, der „Königin von Polen“, zur Schnäppchenjagd ins Warschauer Ghetto mitfahren.
Bevor die heranrückende Rote Armee der Idylle ein Ende macht, zieht sich die Familie Frank auf ihren alten Bauernhof in Neuhaus/Bayern zurück. Dort erlebt Niklas die Verhaftung seines Vaters durch die US-Militärpolizei. In Nürnberg, zusammen mit anderen Nazi-Führern als Kriegsverbrecher angeklagt, wird Hans Frank 1946 zum Tode verurteilt und gehenkt.
Niemand erklärt dem siebenjährigen Jungen warum.
Der Heranwachsende erlebt, dass sein Vater in der entstehenden Bundesrepublik immer noch viele Sympathien genießt, vor allem in der katholischen Kirche in Bayern. Das Buch, das Hans Frank noch in der Todeszelle unter dem Titel „Im Angesicht des Galgens“ geschrieben hatte und das von Brigitte Frank im Eigenverlag herausgegeben wurde, fand jedenfalls großen Absatz und eine erschreckend positive Resonanz.
1959 stirbt die Mutter, ohne den Kindern je eine Antwort gegeben zu haben.
Niklas Frank studierte Germanistik, Soziologie und Geschichte. Für ihn beginnt – auch im Kontext der Auschwitz-Prozesse und der Studentenrevolte der 60er Jahre – die Suche nach der Wahrheit über seinen Vater und das Dritte Reich.
Er wird Journalist und 1979 Auslandsreporter beim Wochenmagazin STERN.
In dieser Eigenschaft hat er häufig in Polen zu tun, wurde dort mit seiner eigenen Kindheit konfrontiert und schließt bei eigenen Recherchen enge Freundschaften.
1987 veröffentlichte er unter dem Titel: Der Vater – Eine Abrechnung die auf den Vater konzentrierte Familiengeschichte. Es löste in der Bundesrepublik einen Skandal aus. Niklas Frank wurde von seinen Kritikern als Psychopath bezeichnet – was der Sohn seinem Vater angetan habe, sei schlimmer als des Vaters Untaten.
Das Buch erschien auch in Polen und wurde dort mit großer Sympathie aufgenommen.
Im Mai 2006 folgt mit dem Buch: Meine deutsche Mutter eine weitere schonungslose Auseinandersetzung mit dem zweiten Elternteil.
Niklas Frank lebt und arbeitet in Hamburg.
Veröffentlichungen:
Der Vater – Eine Abrechnung , Goldmann-Verlag (1987)
Raubritter, Goldmann-Verlag (2002)
Meine deutsche Mutter, Goldmann-Verlag (2006)