Döbelner Allgemeine Zeitung – Es wird schmerzhaft und viel Armut geben

26.01.2009

 

Der Autor Harald Schumann über die Finanzkrise


Niemand soll sich täuschen: Die Welt wird nicht wieder so werden wie vorher. „Es wird sehr schmerzhaft, sehr teuer. Es wird viel Arbeitslosigkeit und Armut geben“, sagt der Journalist und Autor Harald Schumann. Zu einem höchst interessanten Vortrag zum Thema „Die Rückkehr des Staates – Lehren aus der Finanzkrise“ kam er am Sonnabend auf Gut Gödelitz. Dabei fesselte er vor allem durch die Fähigkeit, komplexe Zusammenhänge einfach, aber nicht vereinfachend, zu erklären.

Die Finanzkrise ist kein Unfall, auch wenn das führende Politiker wie Kanzlerin Angela Merkel (CDU) oder Finanzminister Peer Steinbrück (SPD) behaupten, so Schumann. Bereits in den 90er Jahren warnten Experten vor einem Super-GAU im Finanzsystem. Auch Schumann selbst in seinem weltweiten Bestseller „Die Globalisierungsfalle“. „Gescheitert ist jetzt ein politisch-ökonomisches Konzept, nach dem der Markt gut ist und der Staat schlecht.“ Im Zuge der Neoliberalisierung entfesselten sich die Finanzmärkte, weil sich der Staat zurückzog. Die fehlende Kontrolle der Finanzjongleure habe die Krise ganz wesentlich mitverursacht. So wurde das Kapital gestärkt, globale Kapitalströme unterlagen keinen Regeln, Marktsegmente wurden privatisiert – auch in der täglichen Daseinsvorsorge. „Finanzmärkte bekamen Einfluss auf die Politik, konnten immer mehr Forderungen stellen.“ Standorterpressung ist nur ein Stichwort. „Das wirkte sich auch auf das Einkommen aus. Das Wirtschaftswachstum ist an den Arbeitnehmern komplett vorbei gegangen, die soziale Spaltung wurde größer“, sagt Schumann. Der Staat habe zugesehen, als immer mehr unregulierte Zonen, Steueroasen, entstanden, mit Hedgefonds Kredithebel in Bewegung gesetzt wurden. „In den USA entstand eine private Anarachie.“ Das Chaos entstand zudem durch falsche Zinspolitik. Es entwickelte sich eine Blasenwirtschaft, Amerika lebte auf Pump, so Schumann. „Die Kreditpakete kamen zu uns, vor allem die Deutsche Bank investierte. Als 2007 das Kartenhaus durch sinkende Preise für Häuser zusammenstürzte, platzte die Blase.“

Schumann sieht die Krise als Chance und stellt klare Forderungen: „Strikte Regeln für das Finanzgewerbe, Schließung der Steueroasen.“ Das verhindere jedoch die enge Verflechtung von Politik und Wirtschaft. „Wir müssen die Trennung durchsetzen, Politiker müssen das Gemeinwohl unabhängig vertreten.“ Banken, die Staatshilfen bekommen, sollen verstaatlicht werden – zumindest vorerst. „Und die Umverteilung von unten nach oben, die ungleiche Verteilung der Einkommen, muss ein Ende haben.“

lga