Döbelner Allgemeine Zeitung – Zwischen Quote und Qualität

9. Februar 2009

 

Diskussion mit Ernst Elitz

„Warum nimmt man sich für die Abendunterhaltungen die dürftigsten Bockbierfeste zum Vorbild? Warum verwendet man für die Konzerte eine Bums-Musik, die selbst abgehärtete Sterndampfer zum Kentern brächte? Weil das dem Publikum gefällt?“, klagte ein Medienkritiker 1932 in Carl von Ossietzkys „Weltbühne“. „Und obwohl das bereits ein Dreivierteljahrhundert her ist, werden in Zeiten von Dschungel-Camp und Containern dieselben Fragen an den Rundfunk gestellt“, bemerkte Ernst Elitz. Der Intendant des Deutschlandradios (DLR), der Ende März in Ruhestand geht, stellte auf Gut Gödelitz mit seinem Vortrag zu „Qualitätsmedien, Massengeschmack und Quote“ den öffentlich-rechtlichen Rundfunk auf den Prüfstand.

„Die Debatte über den Qualitätsverfall in den Medien gleicht einem Anfallsleiden, das etwa alle vier Jahre wiederkehrt, bevorzugt bei der Festlegung der Rundfunkgebühren“, so Elitz. Nicht nur die privaten, sondern auch öffentliche Sender seien heutzutage dem Diktat der Einschaltquote ausgeliefert: „Wir bekommen zwar die Gebühren, um nicht nach der Quote schielen zu müssen. Aber wenn die sinkt, fragen die Politiker sofort, ob die Gebühr noch gerechtfertigt sei“, stellte Elitz klar und plädierte für klare Qualitätsstandards und eine Selbstverpflichtung der Öffentlich-Rechtlichen, um ihre Angebote klar von kommerziellen Sendern zu unterscheiden.

„Es dürfen nicht nur Kosten verglichen werden: Anspruchsvolle Informations- und Kultursendungen haben einen anderen Preis als Wiederholungsfernsehen oder Radiogedudel, das nur von Verkehrshinweisen und Werbespots unterbrochen wird.“ Die Zahl von Erstausstrahlungen und Eigenproduktionen seien ebenso Zeichen für Qualität wie die Vielfalt der Genres, die Intensität der regionalen Berichterstattung und Kreativität. Besser unterhalten fühlen sich die Zuschauer laut Umfragen bei den Privaten, die öffentlichen Sender heben sich Elitz zufolge jedoch vor allem durch das Polit- und Kulturprogramm und die Auslandsberichterstattung ab.

Das Problem, das bereits der Kritiker von 1932 kannte, sei die Vielfalt der Hörer: „Der Schlächtermeister Pachulkski, der zürnend im Funkhaus anläutet und mehr derbe Volkskunde-Sendungen verlangt, muss ebenso berücksichtigt werden wie Frau Doktor Pachulkski-Hintermeier – denn alle zahlen Gebühren“, so Elitz.

Nicht jeden im Publikum konnte er davon überzeugen, dass die Öffentlich-Rechtlichen ihrem Auftrag gerecht werden. Auf die Frage von Professor Wolfgang Donsbach (TU Dresden), ob das Finanzvolumen der Öffentlichen angesichts Werbung und Sponsoring sowie inhaltlicher Verflachung gerechtfertigt sei, erwiderte Elitz, dass die die Gebühren ohne Werbung um 1,50 Euro steigen würden. Das Finanzvolumen müsse die Politik beurteilen. Auf die Frage nach einer stärkeren Ausrichtung des DLR auf Jüngere verwies Elitz mit „D-Radio Wissen“ auf ein Programm, das das DLR ab 2010 starten will, um mit Themen wie Ausbildung und Wissenserwerb mehr junges Publikum zu gewinnen.

Meike Strüber