Rückblick: Internet, Google, Twitter und Facebook…. Gefahren und Chancen der Digitalen Revolution

Mit Professor Dr. Hansjürgen Garstka, Datenschutzbeauftragter von Berlin a.D. , Ehrenvorsitzender der internationalen Arbeitsgruppe „Datenschutz in der Telekommunikation“ 19. März 2016, 18:00 Uhr, Gut Gödelitz

Der ostdeutsche Schriftsteller Erich Loest erzählte einmal, wie er beim Telefonieren in einer öffentlichen DDR-Telefonzelle von einem Stasi-Mitarbeiter beobachtet wurde: Der Mann habe sich intensiv bemüht, mitzuverfolgen, welche Zahlen Loest wählte, um damit die Telefonnummer des Anzurufenden herauszufinden. Welche Heiterkeit würde das heute bei den Nachrichtendienstlern auslösen, die den Überwachungsstaat des Jahres 2016 bedienen!

Mit der Erfindung des Internets, mit der Digitalisierung der Gesellschaften dieser Welt sind wir dem gläsernen Menschen ganz nahe gekommen. Big Data und Big Brother sind eine beängstigende Verbindung eingegangen.

Wer ein Mobiltelefon besitzt, kann auch dann ausgespäht werden, wenn es ausgeschaltet ist. Wer damit arbeitet, wie die Kanzlerin, muss sich von den Nachrichtendiensten befreundeter Staaten bespitzeln lassen. Dass dies ihrer Meinung nach unter Freunden gar nicht geht, lässt die Freunde kalt. Ein Abkommen (No-Spy), das solches Bespitzeln fremder Regierungen und deren Vertreter künftig verbietet, lehnen sie ab. Wenn es in Zeiten des weltweiten Terrorismus um die Sicherheit geht, muss die Freiheit in weiten Bereichen der Gesellschaft beiseite treten.

Die Welt, in der man einen Füllfederhalter besaß, um damit Briefe zu schreiben, gibt es nur noch bei älteren Menschen, die auf liebenswerten Traditionen bestehen. Auch der Blick in den Buch-Brockhaus, um Wissenslücken zu füllen, ist von Gestern.

Die jüngere Generation kann mit Nostalgie nichts anfangen. Sie sieht vor allem die positiven Seiten der Digitalen Revolution: Spaß mit Computerspielen, Sofort-Information zu allen möglichen Fragen, schnelle Kontakte zu Freunden, zu politischen Mitstreitern, Online-Shopping und vieles mehr….Dass dabei ihre persönlichsten Daten gesammelt und weitergegeben werden, ist ihnen meist gleichgültig.

Auch die Wirtschaft, die Politik und die staatlichen Stellen profitierten. Die Werbung kann präziser zugeschnitten werden, einzelne Politiker halten über Twitter und Facebook Kontakt zu ihren potentiellen Wählern, die Verwaltung kann Bürgerinnen und Bürger schneller erreichen und informieren.
Andere – wie das Bundesverfassungsgericht, der Europäische Gerichtshof und das Europäische Parlament – denken weiter, sorgen sich und bemühen sich um Eingrenzung des Gefahrenpotentials. Aber haben sie  überhaupt noch eine Chance, die Privatsphäre und die bürgerlichen Freiheiten der Menschen  genügend zu schützen?

Wir freuen uns, Professor Dr. Hansjürgen Garstka als Gast des ost-west-forums auf Gut Gödelitz begrüßen zu dürfen. Zum Vortrag und dem  anschließenden Gespräch möchten wir Sie herzlich einladen.

Mit freundlichen Grüßen

Axel Schmidt-Gödelitz, Vorstandsvorsitzender

 

© Hansjürgen Garstka

© Hansjürgen Garstka

Zur Person:

Hansjürgen Garstka, geboren 1947 in Bischofsheim an der Röhn, studierte Rechtswissenschaften und Politikwissenschaft an den Universitäten in München, Regensburg und Oxford. 1972 promovierte er in München (Politikwissenschaften). Zwischen 1971 und 1979 war er zudem als Wissenschaftlicher Mitarbeiter bzw. Hochschullehrer an den Universitäten Regensburg, der Freien Universität Berlin und der Universität Kassel tätig. Im Anschluss daran wurde er 1979 Mitarbeiter beim Berliner Datenschutzbeauftragten. 1982 folgte seine Promotion zum Dr. jur. an der Universität Hamburg.
1989 wurde Hansjürgen Garstka zum Berliner Datenschutzbeauftragten gewählt und 1998 zum Professor für Datenschutz an der Technischen Universität Berlin ernannt. 1999 wurde er Berliner Beauftragter für Datenschutz und Akteneinsicht, ein Amt das 2001 in „Berliner Beauftragter für Datenschutz und Informationsfreiheit“ umbenannt wurde. Seit 2002 ist Hansjürgen Garstka Vorstandsvorsitzender der Europäischen Akademie für Informationsfreiheit und Datenschutz in Berlin.
Zusammen mit dem Rechtswissenschaftler Alexander Roßnagel und dem Dresdner Professor Andreas Pfitzmann erstellte Hansjürgen Garstka 2001 ein Gutachten zur Modernisierung des deutschen Datenschutzrechts. Die Vorschläge der drei Gutachter wurden in Fachkreisen positiv aufgenommen. Das Bundesinnenministerium, das das Gutachten in Auftrag gegeben hatte, setzte die Vorschläge jedoch nicht um. Am 3. Juni 2005 wurde Hansjürgen Garstka vom bisherigen brandenburgischen Datenschutzbeauftragten Alexander im Amt abgelöst.
Hansjürgen Garstka ist Mitglied im Beirat der Humanistischen Union. Er ist verheiratet und Vater zweier Söhne.
Ausstellungseröffnung:
In einem Vorprogramm eröffnet unser Bürgerverein seine 36. Kunstausstellung.
Unter dem Titel “Im Rausch der Farben” sind Arbeiten der Dresdener Künstlerin Mechthild Mansel zu sehen.

Presse: Döbelner Allgemeine: Hansjürgen Garstka über Chancen und Risiken der digitalen Revolution