Veranstaltung am 5. April 2008
Ist der Staat in der Moderne noch eine relevante Institution? Betrachtet man das momentane Verhalten der Staaten weltweit, könnte man meinen, dass der Staat zunehmend auf dem Weg in die Bedeutungslosigkeit ist. Immer mehr Staaten, vor allem im subsaharischen Afrika und in Zentralasien, geraten ins Schwanken oder brechen ganz zusammen. Religiöse Dogmen und ethnische Spannungen bestimmen hier immer mehr das gesellschaftliche Miteinander. Schwache Staaten überlassen ihre Märkte zunehmend bewaffneten Clans, Privatarmeen oder zwielichten Konzernen.
Doch nicht nur in den unterentwickelten, sondern auch in den modernen Staaten befindet sich die Staatsgewalt auf dem Rückzug. Staatsübergreifende Verbünde, wie die Europäische Union, werden immer einflussreicher und übersteigen in einigen Fragen inzwischen sogar die Kompetenzen der einzelnen Mitgliedstaaten. Das Diktat des Profits hält zunehmend Einzug in die modernen Gesellschaften, und Fragen der sozialen Gerechtigkeit geraten dabei immer wieder ins Hintertreffen. Diese Beobachtungen lassen die Frage aufkommen, ob der Staat in der Moderne noch eine relevante oder eine verzichtbare Institution ist?
Funktionierende, nicht-diktatorische Staaten sind wahrlich keine Selbstverständlichkeit, so Prof. Dr. Werner Patzelt: „Das überhaupt – und gar ein freiheitlich-demokratischer! – Staat entsteht, ist eine Art Wunder.“ Kommt diese „historische Ausnahmesituation“ jedoch zustande, erhält ein Staat großen Einfluss auf die sich in seinem Hoheitsgebiet vollziehenden Prozesse. Zugleich kann ein Staat jedoch bei weitem nicht auf alles Einfluss nehmen, was innerhalb seiner Grenzen oder darüber hinaus geschieht. Ebenso wie der Staat Grenzen setzt, ist er in seinem Einfluss beschränkt.
Was bedeutet das aber für den einzelnen Bürger, der sich vom Staat Rückhalt und Absicherung verspricht? Woran erkennen wir den Wert des Staates, den er in der heutigen Gesellschaft noch besitzt. Warum sollten wir trotz aller Mängel den Staat schätzen und gutwillig beurteilen? Und wo können wir selbst zu seinem Fortbestand beitragen?
Professor Dr. Werner Patzelt hat sich eingehend mit der Bedeutung des Staates auseinandergesetzt. Ausgehend von den historischen Erfahrungen wird er uns erläutern, warum Staatlichkeit in der Moderne trotz aller Unvollkommenheit staatlichen Handelns Gold wert ist und was Staaten auch heute noch zu leisten im Stande sind.
Person: Prof. Dr. Werner Patzelt
Werner Patzelt wurde 1953 in Passau geboren. Von 1972 bis 1974 leistete er seinen Militärdienst (derzeitiger Dienstgrad: Major). Ab 1974 studierte er Politikwissenschaft, Soziologie und Geschichte in München, Straßburg und Ann Abor (USA). 1980 Magister-Abschluss an der Universität München.
Von 1980 bis 1984 wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Universität Passau. 1984 Promotion (summa cum laude). 1984 bis 1990 wissenschaftlicher Assistent an der Universität Passau. 1985 wird er mit dem ostbayrischen Kulturpreis für „Ethnomethodologie“ ausgezeichnet. 1990 Habilitation. 1990 Gastprofessur in Salzburg, 1991 Gastprofessur an der Technischen Universität in Dresden. Dort gründet er als Professor das Institut für Politikwissenschaften und hat seit 1992 den Lehrstuhl für Politische Systeme und Systemvergleich inne. 1995 erhielt er den Wissenschaftspreis des Deutschen Bundestages für sein Buch “Abgeordnete und Repräsentation – Amtsverständnis und Wahlkreisarbeit”.
Werner J. Patzelt ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er spielt als Kammermusiker und Solist Violoncello. Seit über 30 jahren ist er als Chorleiter tätig. Er war Gründer und musikalischer Direktor des Angath Chor-Festivals. Auch dem Schmochtitz Chor-Festival steht er als Gründer und musikalischer Direktor zur Seite.